Der schweizerische Robinson by Johann David Wyss

Der schweizerische Robinson by Johann David Wyss

Autor:Johann David Wyss
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Action & Adventure
Herausgeber: gwbooks
veröffentlicht: 2010-07-17T04:00:00+00:00


Während ich so bei meiner Arbeit saß, brachte Jack mir eine besonders hübsche Taube, die ihn vor manchen andern dauerte.

»Ach, Vater!« rief er, »da habe ich eine gar zu große und schöne. Sie heimelt mich fast an wie eine Bekannte.«

Ernst, der auch herbeigesprungen war, bemerkte jetzt: »Ei, das glaube ich wohl! Es ist ja eine unserer eigenen freigelassenen Tauben, und die sollten wir nicht töten, bis die Art sich ansehnlich vermehrt habe.«

Ich pflichtete dieser Bemerkung bei, nahm den Gefangenen zur Hand, erkannte ihn wirklich als der Meinung Ernsts entsprechend, rieb ihm die beschmierten Schwungfedern an den Flügeln mit Asche säuberlich ab, rupfte die kleinern verklebten Federchen aus und brachte das Tierchen lebendig unter Jacks bereitstehenden Hühnerkorb, worauf ich ermahnte, womöglich einige hübsche Gespane zu diesem Erstling einzuhaschen.

Dies geschah darauf mit gutem Erfolg, und am Abend hatten wir schon zwei Paare von unserer europäischen Zucht beieinander. Allein von den wilden Zugtäubchen, auf die wir eigentlich Jagd machten, war noch bei weitem nicht unser Tönnchen voll geworden. Das öftere Besteigen des Baumes hatte sie doch ein wenig verschüchtert.

Als der Abend einbrach, zogen wir, meinem gefaßten Vorsatze nach, zu einer neuen Taubenjagd nach dem Süßeichelwald aus, wo ich vermutete, daß wir den größten Taubenzug im Nachtquartier finden würden. Seltsam war unsre Bewaffnung, denn sie bestand aus langen Bambusrohren, Fackeln und Säcken, so daß die Jungen sich gewaltig verwunderten, wie man doch mit diesen Werkzeugen einen Taubenfang bewerkstelligen könne. Da wir bald in der Nähe des von mir ersehenen Platzes eingetroffen waren und die Dunkelheit nach Art der südlichen Klimate schon rasch auf den Sonnenuntergang folgte, so zündeten wir jetzt ungesäumt die Fackeln an und ersahen gleich, daß wir es sehr gut getroffen hatten. Rings auf den Baumästen war ein ungeheurer Schwarm von Tauben gelagert. Durch den Fackelschein alsbald erweckt und geblendet, wurden die Vögel unruhig und fingen an, in verwirrtem Hüpfen oder Flattern zwischen Laubwerk und Gezweige herumzustürmen, wo nicht wenige sich die Köpfe zerstießen oder sonst sich verletzten und zur Erde fielen. Diese wurden flugs ergriffen und sogleich in unsere Säcke gesteckt. Sehr aber förderten wir den Fang, indem wir obendrein mit unsern Stangen in dem Astwerke herumschlugen, wodurch nicht nur der Tumult, sondern auch die Niederlage des Geflügels namhaft vermehrt wurde. Kaum vermochte die Mutter samt Fränzchen eilfertig genug zusammenzulesen und einzusacken, was auf der Erde herumflatterte.

Nachdem ich endlich für unser Bedürfnis Wildbret genug beieinander sah, steuerte ich dem Verderben, und ehe noch unsere Fackeln insgesamt verbrannt waren, ließ ich aufbrechen zum Heimweg. Die herrliche Beute lag in den Säcken auf zwei Stangen, die in geringem Abstände gleichlaufend aneinandergebunden waren; je zwei und zwei von uns wechselten im Tragen miteinander ab, während die andern mit den Fackeln uns voranleuchteten, so daß wir fast einem nächtlichen Leichenzug des alten Femgerichtes glichen.

Glücklich kamen wir so bei Falkenhorst an, enthoben durch raschen Tod die Täubchen alles fernem Leidens, versorgten sie an einem wohlgesicherten Ort und begaben uns dann ermüdet zur Ruhe.

Fast den ganzen folgenden Tag hatten wir genug zu tun mit Rupfen, Sieden, Braten und Schmoren, wie in einem vielbesuchten Gasthofe bei der festlichsten Mahlzeit.



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